Bettwanzen (Cimex lectularius) sind blutsaugende, lästige, wenngleich ungefährliche Parasiten (hämatophage Ektoparasiten), welche in vielen Ländern, auch in Deutschland, seit den 1990er Jahren wieder vermehrt auftreten.
Dies hat mehrere Gründe:
Mangelnde Hygiene ist kein Grund!
Bettwanzen leben nicht auf dem Menschen, aber sie können sich in kleinste Ritzen verbergen und als blinde Passagiere in Gepäck, Möbeln, Kleidung, Kissen, Kästen und anderen Gegenständen in Häuser, Hotels, Büros und sogar Bekleidungsgeschäfte gelangen. Auch in hochfrequentierten Transportmitteln wie Zügen oder Flugzeugen sind sie mittlerweile zu finden.
Bettwanzen sind lichtscheu, nachtaktiv und verharren tagsüber typischerweise in Spalten des Lattenrostes oder Bettrahmens, im Matratzensaum und -reißverschluss, hinter Bildern, Tapeten, Holzverkleidungen sowie Wand- und Fußleisten oder Steckdosenblenden, auf der Rückwand von Nachttischen oder Regalen und in Vorhängen.
Bettwanzen bevorzugen raue Oberflächen (unbehandeltes Holz, Spanplatten, Filz, Raufasertapete), da sie auf diesen besseren Halt finden. Ebenso haften ihre abgelegten Eier nur auf solchen Untergründen. Sie meiden glatte Oberflächen, versuchen sich aber sowohl an Metall als auch Glas und bezwingen mitunter diese Oberflächen, sollte dies zwecks Blutmahlzeit erforderlich sein.
Findet die Bettwanze ein ausreichendes Nahrungsangebot, wird sie bleiben. Bei Nahrungsknappheit aber (kein Wirt vorhanden), beginnt sie zu wandern (bis zu 20 m).
Die Angaben zur Eiablage sind in der Fachliteratur unterschiedlich!
Ein Weibchen kann nach der „traumatischen“ Befruchtung mit nur einer einzigen Blutmahlzeit bis zu 10 Tage lang Eier ablegen. Danach benötigt sie eine neue Blutmahlzeit.
Die Entwicklung, Fortpflanzung und das Überleben der Bettwanze ist von vielen Faktoren abhängig (Entwicklungsstadium, Ernährungsstatus, Raumtemperatur und
-feuchtigkeit, bakterielle Symbionten). Studien kommen hinsichtlich der Hitze- und Kälteresistenz von Bettwanzen zu ähnlichen, dennoch leicht abweichenden Ergebnissen.
Die Entwicklung von Bettwanzen verläuft in Stadien; jedes Stadium (zugleich jede Häutung) setzt eine Blutmahlzeit voraus!
Der Initiierung einer Eiablage geht ebenso eine Blutmahlzeit voraus!
Lebensdauer: 9–12 Monate
Bettwanzen saugen im Durchschnitt alle 3-7 Tage das Blut des Menschen (für 5-10 Minuten). Ohne Blut können sie sich weder fortpflanzen noch weiterentwickeln (vom Nymphen-Stadium zum ausgewachsenen Stadium), dennoch können sie ohne Blut mehrere Monate überleben.
Jeder reagiert verschieden auf Bettwanzenstiche, aber zu den typischen Reaktionen zählen mehrere kleine, rote, erhobene, juckende Pusteln (wie Mückenstiche). Häufig sind die Einstichstellen gruppiert oder gereiht, denn Bettwanzen stechen auf der Suche nach geeigneten Blutkapillaren mehrmals zu.
Ca. 70 % (Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen) aller Menschen reagieren auf Bettwanzenstiche. Einige Menschen reagieren mit einer Verzögerung von bis zu 10 Tagen, also erst dann, wenn man bereits aus dem Urlaub zurückgekehrt ist und (hoffentlich) kein Bettwanzenkontakt mehr besteht.
Modern Bed Bugs – Zusammenfassung aktueller Forschung!
Stephen L. Doggett, Dini M. Miller, Chow-Yang Lee (Eds). Advances in the Biology and Management of Modern Bed Bugs. Hoboken, NJ: John Wiley & Sons, 2018.
Allergiker aufgepasst!
Der Kot der Bettwanzen enthält Histamin (dient der innerartlichen Kommunikation), welches sich auch nach einer Schädlingsbekämpfungsmaßnahme noch wochenlang im Hausstaub nachweisen ließ. Mit Histamin angereicherter Hausstaub kann für Allergiker zu vermehrten Atemproblemen und bei Hautkontakt zu atopischer Dermatitis führen.
Zachary DeVries, Richard Santangelo, Coby Schal, Alexis Barbarin. Histamine as an emergent indoor contaminant: Accumulation and persistence in bed bug infested homes. PLOS One, 2018. DOI: 10.1371/pone.0192462
Auch unsere Schmutzwäsche zieht Bettwanzen an!
Bettwanzen können leichtflüchtige Stoffe wahrnehmen und fühlen sich durch den Geruch von getragener Kleidung angezogen. Vermutlich führt der Ausstoß von menschlichem Kohlendioxid zur aktiven Suche, während der Körpergeruch, so auch der Geruch von Schmutzwäsche, der Lokalisation des Wirts dient. Der passive Transport via getragener Kleidung könnte als biologisch wirksamer Mechanismus die Verbreitung erklären.
William T. Hentley, Ben Webster, Sophie E. F. Evison, Michael T. Siva-Jothy. Bed bug aggregation on dirty laundry: a mechanism for passive dispersal. Scientific Reports, 2017; 7
(1). DOI: 10.1038/S41598-017-11850-5
Biopestizide in der Bettwanzenbekäpfung
Neuartige Biopestizide wie Mykoinsektizide könnten neue Wege für die Bettwanzenbekämpfung aufzeigen, insbesondere angesichts zunehmender Resistenzen.
Alexis M. Barbarin, Giovani S. Bellicanta, Jason A. Osborne, Coby Schal, Nina E. Jenkins. Susceptibility of Insecticide Resistant Bed Bugs (Cimex lectularius) to Infection by Fungal Biopesticide. Pest Management Science, 2017. DOI: 10.1002/ps.4576
https://www.youtube.com/watch?v=fdp7Lipl1vY
Entwicklung von Resistenzen
Offenbar ist es die erste Blutmahlzeit, die bei der (australischen) Bettwanze jene Gene aktiviert (Genexpression), die ihr einen dickeren Chitinpanzer verleihen und ihr die Fähigkeit geben, mit giftabbauenden Enzymen und speziell angepassten Natriumkanälen Insektizide zu neutralisieren.
Ob man diese Erkenntnisse über das anfälligere erste Nymphenstadium in der Bettwanzenbekämpfung nutzen könnte?
Jeffrey A. Rosenfeld, Darryl Reeves, Mercer R. Brugler (…) Christopher E. Mason. Genome assembly and geospatial phylogenomics of the bed bug Cimex lectularius. Nature Communications volume 7, Article number: 10164 (2016). DOI: 10.1038/ncomms10164
Ätherische Öle sind wenig effektiv!
Insektizide auf der Basis von ätherischen Ölen könnten eine Alternative zu gängigen Insektiziden sein, so das vage Ergebnis. Allerdings erwiesen sich die handelsüblichen Insektizide als wesentlich effektiver. Auch zeigten die Alternativ-Insektizide keinerlei Wirkung als Repellent.
Narinderpal Singh, Changlu Wang, Richard Cooper. Potential of Essential Oil-Based Pesticides and Detergents for Bed Bug Control. Journal of Economic Entomology, September 2014. DOI: 10.1603/EC14328
Parasiten mit Kuschelfaktor
Bettwanzen-Nymphen entwickeln sich um ein Vielfaches schneller, wenn sie in Anhäufungen leben. Geselligkeit hat im Vergleich zum Einzeldasein offenbar Vorteile für die Reproduktionsrate.
Virna L. Saenz, Richard G. Santangelo, Edward L. Vargo, Coby Schal. Group Living Accelerates Bed Bug (Hemiptera: Cimicidae) Development. Journal of Medical Entomology, 2014; 51 (1):
293. DOI: 10.1603/ME13080
Finger weg von frei verkäuflichen Insektiziden!
OTC (over-the-counter / freiverkäufliche) Insektizide zur Bekämpfung von Bettwanzen sind ineffektiv!
Susan C. Jones, Joshua L. Bryant Joshua L. Ineffectiveness of Over-the-Counter Total-Release Foggers Against the Bed Bug (Heteroptera: Cimicidae). Journal of Economic Entomology, 105 (2012), 957-963. DOI: 10.1603/EC12037
Biologie der Bettwanzen
Klaus Reinhardt, Michael T. Siva-Jothy. Biology of the Bed Bugs (Cimicidae). Annual Review of Entomology, 2007 52:1, 351-374.